Freitag, 11. November 2005

Dame im See, Tisch und Bett

Letzte Nacht bin ich mal wieder mit Chandler eingeschlafen. Und zwar ein Chandler in einer sehr interessanten Adaption. Robert Montgomery hat sich nämlich eine für 47 recht gewagte Kameraführung einfallen lassen. Der Held, Marlowe, ist nämlich für den Zuschauer den ganzen Film über unsichtbar. Die Kamera verschmilzt mit seinen Augen und dementsprechend gibt es nur drei Spiegelungsszenen, in denen man den Protagonisten auch zu Gesicht bekommt. Schöne Idee, aber auch ganz besonders irritierend mal so völlig ohne Schuss/Gegenschuss oder andere gewohnte Arrangements auskommen zu müssen. Lady in the Lake ist der Titel dieses revolutionären Films, der allerdings ganz noiruntypisch sehr, sehr positiv endet und fast kitschig wird. Egal, das verzeiht man nach solchen Experimenten.
Jemand hat mich heute darauf aufmerksam gemacht, dass ein Video von The Prodigy doch ganz genau so funktioniert. Ich kann mich sogar auch wieder daran erinnern und glaube, dass es dort so eine Partyszene gibt, aber ich weiß nicht mehr, welcher Track dazu gehört.
Gerade eben konnte ich mal wieder Tisch und Bett genießen. Freundinnen, die ich beim letzten Mal mit Cassavetes gequält hatte, was in einer halbjährigen Videopause mündete, war ein lustiger Film versprochen und den bekamen sie denn auch. Komisch nur: ich fand ihn nicht mehr toll. Meine Liebelingsfilme, die Doinels, sind irgendwie beim nochmaligen Betrachten ganz schön simpel. Merkwürdig, dass das mal soviel bedeutet hat.
kubia - 11. Nov, 10:21

Hey, kennst du "Dark Passage" mit Bogart und Lauren Bacall aus dem gleichen Jahr? Der erste Film ist auch komplett aus der First-Person Perspektive, dies ist allerdings durch den Plot bedingt. Bogart ist auf der Flucht und muss sich ein neues Gesicht verpassen lassen, das kann man dann im zweiten Teil konventionell bewundern.

paunessa - 13. Nov, 13:03

Die Tote unter dem Bootssteg und die Doppelgängerin. Es ist schön zuhören, dass es eine Verfilmung gibt und das diese die enorm selbstzentrierte Haltung Marlowes im Buch durch ein einfaches cineastisches Mittel zu vermitteln versucht. In der Physik charakterisiert man elektrische Felder durch Testladungen, die man an einem beliebigen aber festen Ort postiert um dann das Potential zumessen, dem es ausgesetzt ist. Marlowe funktioniert wie eine Testladungen, die den perfiden und oberflächlichen Manierismen Hollwoods ausgesetzt, sehr viel Whiskey braucht um die Messergebnisse zu ertragen. So erscheint es mir nicht verwunderlich, dass ihre Messungen an diesem Bergsee so gutmütig ausfallen.

malowsky - 14. Nov, 15:06

ne, ich glaube Dark Passage habe ich noch nie in die Finger bekommen. Aber nach dieser Einordnung muss ich mich da wirklich mal drum kümmern. Ich hoffe, die UB kann mich damit versorgen.

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